PfEx Schweiz & Italien
Die diesjährige Pfingstexkursion führte uns vom 7. bis zum 16. Juni von der Schweiz nach Italien. Die Reise verband technische Einblicke mit grandioser Natur, gelebter Baukultur und einer Menge gemeinschaftlicher Erlebnisse. Neben den fachlichen Programmpunkten sorgten vor allem auch viele Anekdoten und eindrückliche Szenerien für bleibende Erinnerungen. Organisatorisch wurde die Route in diesem Jahr maßgeblich durch unsere Vereinsmitglieder Friederike und Jovan gestaltet. Jovan hatte im Rahmen seines Erasmus-Aufenthalts zahlreiche Kontakte in Florenz geknüpft, während Friede durch ihr Auslandspraktikum in Luzern wertvolle Zugänge zu Firmen ermöglichte.
Samstag
Unsere Reise begann am 07. Juni pünktlich um 9:00 Uhr am Beyer-Bau. Mit zwei Fahrzeugen machten wir uns auf in Richtung Schweiz. Dank der vorbildlichen Fahrweise unserer Fahrer erreichten wir mit wenigen Zwischenstopps am Nachmittag die Stadt Lindau am Bodensee. Dort stand der erste Großeinkauf auf dem Plan. Im dortigen Kaufland empfing uns drückende, feuchte Luft bei starkem Besucheraufkommen, begleitet vom Dauerregen. Ein gut besuchter Dönerladen im selben Gebäude verlieh der Szene eine gewisse Skurrilität.
Gegen 19:00 Uhr erreichten wir den Zeltplatz in Landquart. In einer regenfreien Phase konnten wir die Zelte aufbauen und die ersten Spaßgetränke öffnen. Jovan übernahm mit Unterstützung einiger Helfer, das Kochen und bereitete ein hervorragend gewürztes vegetarisches Curry zu, das einstimmig zum kulinarischen Auftakt-Highlight erklärt wurde. Schachpartien am großen Outdoor-Brett und eine ausgedehnte Wizard-Runde bis spät in die Nacht rundeten den ersten Abend ab.
Sonntag
Am Sonntag, dem 08. Juni, begann der Tag mit einem gemeinsamen Frühstück. Trotz anhaltenden Regens besserte sich das Wetter pünktlich zur Abfahrt. Unser erstes Ziel war, die von Robert Maillart entworfene Salginatobelbrücke. Josef erläuterte die ingenieurtechnische Besonderheit dieses technischen Meisterwerks, während Pawel für eindrucksvolle Drohnenaufnahmen sorgte. Besonders beeindruckend war der Gedanke, dass das anspruchsvolle Terrain des Tals auch heute noch eine planerische Herausforderung darstellen würde. Nach der Begehung der unteren Tragkonstruktion entschied sich ein Teil der Gruppe für eine Erkundung des Geländes, während andere sich an einem Aussichtspunkt entspannten.
Weiter ging es zur Sunnibergbrücke, deren klare Linienführung und Tragwerksgestaltung begeisterten. Im Tal von Bad Serneus fanden wir Gelegenheit, die alpine Umgebung zu genießen.
Die nächste Station war die Taminabrücke. Jovan übernahm hier den Vortrag und ging sowohl auf ästhetische Aspekte als auch auf baubetriebliche Herausforderungen des Baus ein.
Am späten Nachmittag teilte sich die Gruppe. Ein Teil, der liebevoll als "Rentnergruppe" bezeichnet wurde, trat den gemütlichen Heimweg zum Camp an. Der andere Teil besuchte das Heididorf, das trotz seiner touristischen Inszenierung durch seine ruhige Lage und die Hintergrundgeschichte überzeugen konnte. Anschließend fuhren die Jungspunde weiter nach Balzers, um dort die Burg Gutenberg zu besichtigen. Pawel demonstrierte erneut seine Fertigkeiten mit der Drohne, während wir Wissenswertes über die Geschichte und Bedeutung Liechtensteins erfuhren. Zurück im Camp wurde das Abendessen erneut unter Leitung von Jovan zubereitet und als mindestens ebenso gelungen wie am Vorabend bewertet.
Montag
Der Start in die neue Woche, begann früh mit Frühstück und dem Abbau der Zelte. Gegen 09:30 Uhr fuhren wir in die Region Langis. Ziel war die "Sewenseeli-Runde", diese Wanderung, über knapp 11 Kilometer mit über 500 Höhenmetern durch alpine Moore, über Berggrate bis hin zum Sewenseeli. Der Aufstieg zur höchsten Erhebung war kräftezehrend, belohnte uns aber mit spektakulären Ausblicken auf das Alpenpanorama. Pawels Drohne sorgte für eindrucksvolle Aufnahmen, bis sie bei einer Baumlandung zwangsweise für eine Pause sorgte.
Während der Gipfelrast stellte Leonie fest, dass sie ihre Tasche verloren hatte. Gemeinsam mit Pawel machte sie sich auf den Rückweg, um sie zu suchen, während der Rest der Gruppe über das Tal weiter zum See wanderte. Dort angekommen, sprangen einige in den erfrischend kühlen Bergsee. Später fanden wir glücklicherweise auch Leonies Tasche in einem unserer Autos wieder. Gegen 17:30 Uhr trafen wir in Luzern ein, bezogen unsere Apartments und erkundeten am Abend die Altstadt mit ihrer weltberühmten Kapellbrücke. Der Tag endete mit letzten Einkäufen im Bahnhof und selbstgekochtem Abendessen.
Dienstag
Am Dienstag stand ein Besuch der ARA Basel auf dem Programm. Die moderne Kläranlage wurde uns durch Dr. Uwe Sollfrank, CEO der Holinger AG, fachkundig vorgestellt. Was besonders beeindruckte, war die Art und Weise, wie Tragwerk und Anlagentechnik in den Gesamtumbau integriert wurden, insbesondere im Hinblick auf die anspruchsvolle Ausführung der Fundamente.
Am Nachmittag fuhren wir weiter nach Zug zur Firma Losinger Marazzi. Nach einem kurzen Einblick in die Firmengeschichte wurden wir durch das LG-Areal geführt, wo zwei denkmalgeschützte Industriegebäude zu Wohn- und Gewerbeflächen umgebaut werden. Projektleiter Jamal M’Barek berichtete anschaulich von Herausforderungen der Denkmalschutzauflagen, des Bestandsbaus und der Nachhaltigkeitskonzepte. Im Anschluss an den Rundgang wurden wir in einen Biergarten eingeladen. In entspannter Atmosphäre ließen wir das Gelernte Revue passieren und kamen mit Mitarbeitenden ins Gespräch.
Zurück in Luzern ließen wir den Abend im Park Ufschötti am Vierwaldstättersee ausklingen. Pizza, Sonnenuntergang, gute Gespräche und ein Sprung ins Wasser machten den Tag rund.
Mittwoch
Der Besuch des NEST in Zürich führte uns auf den Campus der Empa und Eawag, wo ein modular aufgebautes Forschungs- und Innovationsgebäude als reale Testumgebung für neue Baukonzepte dient. Die Führung bot aufschlussreiche Einblicke in zukunftsorientierte Wohn- und Bürolösungen. Besonders der gezielte Einsatz innovativer Materialien wie unbewehrter Beton zur Deckenverkleidung sowie die Nutzung durch reale Bewohnerinnen und Bewohner machten das Projekt greifbar und beeindruckend zugleich.
Nach der Führung nutzte ein Teil der Gruppe den Nachmittag zur Erkundung Zürichs, während der andere Teil weiter zum Lago Maggiore fuhr. Am Abend vereinigten wir uns auf dem Campingplatz wieder, schwammen im See, kochten Pasta und sammelten Kraft für die kommenden Tage in Italien.
Donnerstag
Nachdem wir am Mittwoch bereits einen kleinen Vorgeschmack auf die bevorstehenden Temperaturen erhalten hatten, stand heute die Weiterfahrt nach Florenz sowie die Besichtigung des neuen Hochgeschwindigkeitsbahnhofs auf dem Programm. Nach dem morgendlichen Zeltabbau blieb gerade noch genug Zeit für einen kurzen Sprung in den Lago Maggiore – eine wohltuende Erfrischung, bevor wir pünktlich um 8:30 Uhr zur Abfahrt starteten.
Die Fahrt durch die sonnige Toskana im angenehm temperierten Auto war landschaftlich ein echtes Highlight und ein paar schöne Brücken wie das Viadotto Aglio gab es auch. Ein großes Dankeschön an dieser Stelle an unsere Fahrer!
In Florenz angekommen, wurden wir beim Aussteigen allerdings von der stehenden Hitze regelrecht erschlagen. Dass wir kurz darauf noch einmal umparken mussten und dafür zurück ins klimatisierte Auto durften, wurde ausnahmsweise von allen mit auffällig großer Begeisterung aufgenommen.
Die Baustellenbesichtigung fand gemeinsam mit einem Professor und einer kleinen Gruppe der Universität Florenz statt. Ziel ist der Bau des komplett neuen Bahnhofs Belfiore, der künftig ausschließlich dem Hochgeschwindigkeitsverkehr dienen soll. Der Entwurf stammt vom Architekturbüro Foster und sieht unter anderem zwei je acht Kilometer lange Tunnelröhren vor, die derzeit von Tunnelbohrmaschinen in den Untergrund getrieben werden.
Angesichts von über 35 °C im Schatten wuchs in der Gruppe die Hoffnung, bald in die angenehm kühlen Tunnelbereiche abtauchen zu dürfen. Die Pflicht zu langen Hosen wurde unter diesen Umständen ohne große Gegenwehr umgesetzt.
Umso größer war die Ernüchterung, als sich herausstellte, dass die TBMs aktuell noch nicht auf Höhe des künftigen Bahnhofs angekommen waren und auch der Zugang zum eigentlichen Bauwerk nicht möglich war.
Stattdessen führte uns die Tour in der prallen Sonne nur von Loch zu Loch. Immerhin: der Blick auf die Baustelle von oben war durchaus beeindruckend. Nach einer Weile suchten jedoch nicht nur wir, sondern auch die italienischen Kollegen verzweifelt nach jedem verfügbaren Quadratmeter Schatten.
Trotz der Bedingungen war es eine spannende und technisch beeindruckende Baustelle. Auch viele Fragen unsererseits zu den diversen Themen konnten uns beantwortet werden. Nachdem es zurück im Konferenzraum für alle eine Flasche Wasser gab, sah die Welt auch schon wieder viel besser aus. Hier ein paar interessante Fakten, die wir mitgenommen haben:
Zwei Tunnelbohrmaschinen sind im Einsatz – Stückpreis: ca. 20 Millionen Euro.
- Der Aushub sowie sämtliches Baumaterial werden ausschließlich per Zug transportiert, um die Innenstadtlogistik zu entlasten.
- Aus Kostengründen wird der Aushub nicht aufbereitet, sondern für den Bau eines künstlichen Hügels verwendet – Landschaftsarchitektur der praktischen Art.
- Das Dach des Bahnhofes mit den großen Fenstern hat eine so große Spannweite, dass der Hauptträger quasi eine eigene Hohlkastenbrücke als Durchlaufträger ist.
Nach der Besichtigung wartete die nächste Herausforderung: Mit unseren VW-Bussen durch die zugeparkte "autofreie" Innenstadt von Florenz zu navigieren. Nach einer kleinen Slalomfahrt und etwas Geduld landeten die Fahrzeuge schließlich in einer wirklich sehr kompakten Garage.
Die Unterkunft entschädigte dann aber für vieles: Nur wenige Meter vom Dom entfernt, mit Blick auf die Grabkirche der Medici – zentraler hätte es kaum sein können. Den Abend ließen wir bei toskanischer Küche und einem wohlverdienten Getränk ausklingen. Ein schöner Abschluss eines heißen, aber lehrreichen Tages.
Freitag & Samstag
Für die letzten beiden Tage in Florenz war – zur Freude aller – kein straffes Programm angesetzt. Endlich mal ausschlafen! Einzige fixe Programmpunkte waren ein Zeitslot für die Uffizien und eine unterhaltsame Free Walking Tour mit Jovan.
Abseits davon nutzten wir die Zeit, um durch die Stadt zu schlendern, die sommerliche Atmosphäre Italiens aufzusaugen und uns durch ausgiebige Gelatopausen und spontane Teamaktivitäten näher kennenzulernen. Auch das kulinarische Highlight ließ nicht auf sich warten: Beim offiziellen Abschlussessen des Vereins lernten wir, dass die klassische toskanische Küche zwar oft mit Pizza und Pasta assoziiert wird, tatsächlich aber eher dem Motto „Fleisch mit Fleisch, garniert mit Fleisch“ folgt. Sehr lecker war es aber trotzdem! Unsere Vegetarierin hatte es nicht leicht – wurden aber immerhin mit Brot und Grillgemüse entschädigt.
Sonntag
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge verließen wir Florenz am Sonntagmorgen. Einerseits fiel es schwer, diese eindrucksvolle Stadt hinter uns zu lassen, andererseits war die Aussicht auf kühlere Temperaturen durchaus verlockend.
Die Rückfahrt verlief erstaunlich reibungslos – sogar die berüchtigten "Brennerproblembrücken", welche wir auf der Herbstexkursion 2023 besichtigten, hielten tapfer stand. Für etwas Nervenkitzel sorgte lediglich die Erkenntnis, dass moderne Blitzer ohne sichtbares Blitzlicht auslösen. Doch was wäre eine Exkursion ohne einen kurzen Adrenalinschub?
In München angekommen, ließen wir die Woche bei einem gemütlichen Abend im Paulanergarten ausklingen. Bei bayerischer Küche und letzten Gesprächen über die Highlights der Reise wollten wir den Moment noch einmal genießen – bis uns ein aufziehendes Gewitter rechtzeitig in die Realität (und in die Unterkunft) zurückrief.
Pflichtbewusst wie eh und je verabschiedeten sich Pawel und Tristan bereits an diesem Abend in Richtung Dresden, um pünktlich zu ihren Veranstaltungen an der Uni zurückzukehren.
Montag
Zum Abschluss der PfEx stand noch ein besonders spannender Termin auf dem Programm: die Besichtigung des Neubaus des Gymnasiums Putzbrunn – ein Holzhybrid-Projekt, das architektonisch wie technisch interessante Einblicke bot.
Frisch gestärkt vom Frühstück betraten wir die Baustelle, wo ausnahmsweise ein Architekt die Führung übernahm. Das bot eine willkommene Perspektivänderung – einmal nicht nur Tragwerk, sondern auch Gestaltung und Nutzung im Fokus. Besonders beeindruckte uns der kreative Umgang mit Sichtbeton: Um die Holzbauweise auch optisch aufzugreifen, wurden Bretter in die Schalung integriert, wodurch der Beton eine strukturierte Holzmaserung erhielt. Eine kleine, aber wirkungsvolle Idee – und im Vergleich zu manchen Sichtbetonflächen an der TUD fast schon preisverdächtig.
Auch die Akustiklösungen mit Holzdecken stießen auf durchweg positives Feedback in der Gruppe. Nach dieser letzten Besichtigung endete unsere Exkursion schließlich am Montagabend gegen 17:30 Uhr in Dresden.
Neben vielen neuen Eindrücken aus der Baupraxis in der Schweiz, Italien und Deutschland nehmen wir vor allem auch eines mit: neue Freundschaften, ein gestärktes Gemeinschaftsgefühl – und die Erkenntnis, dass Baukultur überall ein wenig anders, aber immer spannend ist.