TEx Saurierpark Kleinwelka
Unchristlich früh trifft sich am 17.05.2019 unser Bauingenieur-Urzeitkommando bereits 07:50 Uhr am Dresdner Hauptbahnhof. Doch da unser Ziel das Beiwohnen bei der Erschaffung eines lebensgroßen Dinosauriers aus Stahl und Beton im Saurierpark Bautzen sein soll, murrt niemand ob der frühen Stunde: Wer in die Urzeit reist, den kümmert auch die Uhrzeit nicht!
Im Saurierpark bei Kleinwelka angekommen, werden wir freudig von Thomas Stern begrüßt, dem „Dino-Papa“ des Parks, welcher einen Großteil der über 200 Saurier aus Stahlbeton entworfen und eigenhändig errichtet hat. Der Bildhauer übernahm diese Arbeit 1994 und beerbte damit Franz Gruß, den einstigen Gründer des Parks.
Und auch zurzeit arbeitet Stern wieder an einem Dinosaurier und erklärt uns daher, wie er bei deren Erstellung vorgeht:
Zunächst überlegt sich Stern eine Szenerie, in welcher der Dino dargestellt wird. Anschließend recherchiert er alle nötigen Details der aktuellsten paläontologischen Forschung zum Dinosaurier und fertig davon ausgehend Skizzen und schließlich Entwurfspläne an.
Mit diesem – man mag es vielleicht nicht glauben – geht es dann tatsächlich zum Dinosaurier-Statiker: Da die Dinos jeweils in Lebens-, also meist sehr enormer Größe hergestellt werden, bedürfen sie auch einer statischen Berechnung, die Thomas Stern von einem Prüfingenieur anfertigen lässt. Dieser gibt dann die Dimensionierung der für das jeweilige Dino-Stahlgerüst verwendeten Bewehrungseisen an.
Nun geht es ans Eingemachte und Thomas Stern setzt den Dino in die Realität um: Er biegt sich die Bewehrung – ganz herkömmlichen Baustahl – in seiner Werkstatt am Schraubstock von Hand zurecht, denn kein Stahlwerk der Welt wäre in der Lage, die ständig individualisierte Dino-Bewehrung bereits fertig zu liefern – und schließlich ist Stern ja auch Künstler.
Je nach Größe des neuen Sauriers schweißt er die einzelnen Stäbe und die - in diesem Fall nicht wie auf der Baustelle eckigen, sondern runden – Bügel bereits in seiner Werkstatt oder direkt am Standort der fertigen Skulptur zusammen. Dies ist abhängig von der Größe des neuen Urzeitgeschöpfes. Der neue Prionosuchus, bei dessen Entstehung wir live dabei sein dürfen, ist mit seinen 9 m bereits zu groß für die Werkstatt und einen Transport. Ihn montiert der meist allein arbeitende Künstler also direkt am späteren Standort und bespannt das fertige stählerne Tragskelett auch gleich mit Maschendraht. Bei diesem Schritt, jedoch auch maßgeblich zuvor beim Skelett, muss der Bildhauer bereits den Großteil der späteren Struktur des Dinosauriers (hervorstehende Knochen, Schuppen, Hautwülste…) äußerst genau herausarbeiten, denn die Deckung bei der anschließenden Umhüllung des Dinos mit Beton beträgt nur etwa drei Centimeter – wenig Spielraum für weitere Details.
Zum Einsatz kommt dabei ganz handelsüblicher Beton aus Sackwaren-Zement, der von Thomas Stern eigenhändig mit Wasser und Sand (0/4-Körnung) angemischt und dann vorsichtig und in mühevoller Maßarbeit per Hand auf das Stahl-Drahtgerüst aufgetragen wird. Für bestimmte Effekte muss Thomas Stern mehrlagig arbeiten, in der Regel reicht jedoch eine Schicht Beton. Diese bearbeitet er direkt nach Auftragen noch mit Pinseln und Spachteln, um so die gewünschte Haut-, Schuppen- und – nach neuester Forschung auch – Federstruktur der Dinosaurieroberfläche zu erzielen.
Nach dem Aushärten des Betons erfolgt schließlich der Feinschliff und Thomas Stern bemalt den neuen Dinosaurier in den passenden Farben.
Diesen umfangreichen Ablauf der Entstehung eines Stahlbeton-Dinosauriers erklärt uns der Künstler nicht nur an seiner neuen Schöpfung, dem bereits erwähnten Prionosuchus, sondern zeigt uns auch weitere besonders hervorstechende Exemplare seines Schaffens im Saurierpark: Darunter auch den Barosaurus, einen haushohen „Langhals“-Saurier oder den im Meer lebenden Liopleurodon, das größte fleischfressende Reptil aller Zeiten.
Beeindruckt von dieser einzigartigen Verbindung aus Thomas Sterns Kunst und der Stahlbetonbauweise – und natürlich vor allen Dingen in kindlicher Begeisterung für die tollen und riesigen Saurier – durchwandern wir bei unserem Besuch anschließend noch den ganzen Park und genießen einen tollen Tag in der Urzeit.
Wir möchten uns an dieser Stelle recht herzlich sowohl bei Thomas Stern für den umfassenden und freundlichen Einblick in seine Arbeit, als auch beim Saurierpark Bautzen für die Ermöglichung des Besuches bedanken!